Angebote für Erwachsene

Richterhammer

Psychosoziale Begleitung bei Gerichtsprozessen für junge Erwachsene

Dieses Angebot richtet sich an Erwachsene bis zum Alter von 28 Jahren.

Wir helfen Ihnen bei der Entscheidung für oder gegen eine Anzeige. Wir unterstützen Sie auch, wenn Sie schon angezeigt haben.

Die Prozessdauer kann sich über einen langen Zeitraum erstrecken und kann eine emotionale Belastung sein. Dann ist es gut, wenn Sie nicht alleine sind, sondern professionelle Unterstützung haben.

Es ist erwiesen, das eine psychosoziale Prozessbegleitung Entlastung schafft. Die Prozessbegleitung durch eine Mitarbeiterin oder einen Mitarbeiter von Zartbitter ist eine Möglichkeit, Sie zu stützen und Ihnen Raum zur kontinuierlichen Verarbeitung des Prozesserlebnisses anzubieten.

Seit dem 1. Januar 2017 haben besonders schutzbedürftige Personen einen Anspruch auf professionelle Begleitung und Betreuung während des gesamten Strafverfahrens. Dafür muss ein Antrag bei Gericht gestellt werden. Wir beraten Sie dazu und bieten diese Form der beigeordneten Prozessbegleitung ebenfalls an. Informationen dazu finden Sie hier: BMJV

Um zu verdeutlichen, was bei einem Prozess vor sich gehen kann, kann man die Prozessbegleitung in vier Phasen darstellen:

1. Entscheidungsphase

Kennen lernen * Vertrauen * Selbstvertrauen

Zu Anfang lernen wir uns erstmal kennen. Vertrauen ist ein wichtiger Bestandteil und Baustein für die weitere Arbeit. Die Beraterin/der Berater kann Sie in vielen Lebensbereichen stärken, um Sie für das Verfahren zu stabilisieren. Auch können Sie dadurch viel Mut und Selbstvertrauen entwickeln, die Ihnen in dieser Zeit hilfreich sein können.

Anzeige – Ja oder Nein?

Wenn Sie sexuellen Missbrauch oder sexuelle Übergriffe erlebt haben oder sie immer noch erleben müssen, entschließen Sie sich vielleicht, den/die Täter*in anzuzeigen.

Es ist ratsam und wichtig, sich vor dieser Entscheidung Hilfe und Unterstützung zu holen und auch gut über diesen Schritt nachzudenken.

Bei rechtlichen Fragen kooperieren wir mit Rechtsanwält*innen. Rechtsberatung bieten wir nicht an.

Strafverfolgung

Sexueller Missbrauch ist ein "Offizialdelikt" - das bedeutet, dass die Strafverfolgung ohne Antrag durch den Staat erfolgt und auch gegen den Willen von Betroffenen geschieht. Eine Anzeige, die einmal gestellt worden ist, kann deshalb nicht mehr zurückgezogen werden. Es besteht Ermittlungspflicht für die Strafverfolgungsbehörden.

Gerichtsverfahren

Häufig findet nach einer Anzeige ein Gerichtsverfahren statt. Da Sie als Betroffene*r oft als einzige/r Tatzeug*in gehört werden, kann dies eine große psychische Belastung bedeuten. In solch einer Situation kann es für Sie besser sein, wenn Sie nicht alleine sind und Sie sich nicht nur auf sich selbst verlassen müssen.

2. Vorbereitungsphase

Gerichtssaal anschauen • Prozess besuchen • Ängste abbauen

Zur Vorbereitung gehört das Kennen lernen und die Erklärung des Ablaufs von Strafverfahren und der Gerichtsverhandlung.

Prozessablauf

Hierzu haben Sie bestimmt viele Fragen:

  • Wie sieht der Gerichtssaal aus?
  • Welche Personen sind anwesend?
  • Wer sitzt wo?
  • Muss ich die ganze Zeit im Gerichtssaal sitzen?
  • Darf mich der/die Täter*in auch fragen?
  • Was passiert in den Pausen?
  • Wer darf mitkommen?
  • Kann die Öffentlichkeit ausgeschlossen werden?
  • Wer darf Fragen stellen?
  • Begegne ich dem/der Täter*in im Flur?
  • Darf er/sie mit mir reden?
  • Was ist ein Plädoyer?
  • Wann redet der/die Gutachter*in?
  • Wie lange dauert Alles?
  • etc.

Am besten schaut man sich einen Gerichtssaal gemeinsam an oder besucht eine Verhandlung. Natürlich nur, wenn Sie das möchten.
Wichtig in dieser Phase ist, dass Sie verstehen, was auf Sie zukommt. So können Sie manche Ängste abbauen. Vielleicht stellen sie sich als unbegründet oder doch gar nicht so schlimm heraus. Oder Sie merken wie gut es ist, dass Sie nicht alleine sind. Jemand von uns ist bei Ihnen. Sie können sich anvertrauen. Sie können sagen, was Sie bedrückt. Sie können äußern, was Ihnen Angst macht oder Sie verunsichert. Gemeinsam können wir nach Wegen suchen, die es Ihnen einfacher machen.

Die rechtlichen Fragen werden zusammen mit der/dem jeweiligen Rechtsanwält*in besprochen. Auch dorthin begleiten wir Sie.

3. Prozessphase

Aussage • Urteilsverkündung • Achtsamkeit

Während der Prozesstage begleiten wir Sie vor Gericht. Wenn Sie möchten und es möglich ist, sitzt die Betreuerin oder der Betreuer auch während der Aussage als "Beistand" mit vor der/dem Richter*in. Dies kann sehr beruhigend sein und zusätzlich einen "Sichtschutz" oder ein "Polster" in Richtung der/des Angeklagten bieten. So sind Sie vor einem direkten Augenkontakt geschützt.

Nach der Aussage können Sie sofort den Raum verlassen. Zur Urteilsverkündung  können Sie wieder in den Gerichtssaal zurückkehren, wenn Sie das möchten.

Die Urteilsverkündung und auch das Urteil an sich können noch einmal eine große Anspannung bedeuten. Der achtsame Umgang mit Ihnen ist hier sehr wichtig.

An die Frage "wie gehe ich mit dem Urteil um und was ist danach?" schließt sich die letzte Phase der Prozessbegleitung an.

4. Nachbetreuungsphase

Fragen • Zweifel • Gefühle

Mit dem Prozess und der Urteilsverkündung ist Ihr innerlicher Prozess meist nicht abgeschlossen. Viele Fragen, Gefühle und die Bewältigung der sexualisierten Gewalterfahrungen sind auch nach dem Urteil noch akut. Deshalb ist die Nachbetreuung aus unserer Sicht unbedingt notwendig, um Sie weiterhin zu stützen und Ihnen dabei zu helfen, dass Sie nicht in "ein tiefes Loch“ fallen.

Auch bei Verurteilung kann es passieren, dass Sie Zweifel und Schuldgefühle haben. Vielleicht machen Sie sich Vorwürfe, dass Sie einen Menschen ins Gefängnis gebracht haben. Vielleicht denken Sie, dass Sie die Familie zerrissen haben.

Bei einem Freispruch des/der Angeklagten oder Verhängung einer Bewährungsstrafe zweifeln Sie vielleicht an sich selbst. In dieser Zeit können Sie bei uns Hilfe und Unterstützung bekommen.

SIE SIND NICHT ALLEIN.

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